Der Riese Krippen
Der Riese sorgte sich sehr, denn wer würde sich nach seinem Tod um sein Kind kümmern? In seiner Not rief er den Berggeist, der ihm als Greis mit wallendem Silberhaar, das bis zum Saum seines Mantels reichte, erschien. Dieser gab ihm eine graue Rolle und befahl ihm sie in der dritten Vollmondnacht auf der Hochfläche um seine Schulter zu legen. Sie würde dann zu einem Mantel werden. Er fügte noch hinzu: „Hülle auch deine Tochter in den Mantel! Wenn der Mond über dem Berg steht, wird sie wieder sehen können. Doch hüte dich vor schlechten Gedanken und davor, ein böses Wort zu sprechen!“ Der Riese folgte den Anordnungen des Berggeistes. Tatsächlich wurde die Rolle zu einem weiten, weichen Mantel, in dessen Falten Edelsteine glitzerten.
Gemeinsam mit seiner Tochter wartete er, bis der Mond über dem Gipfel stand. Da sah er einen Mann heranschleichen. Es war der geizige Ritter Däumling, der gierig nach den funkelnden Edelsteinen griff. Zornig stieß der Riese einen Fluch aus und wollte einen Stein nach dem Ritter werfen. In diesem Moment schob sich eine Wolke vor den Mond, Blitze zuckten und Donner grollten. Als die erschrockenen Talbewohner aus ihren Häusern stürzten, sahen sie an Stelle der blühenden Almen den zu Stein gewordenen Leib des Riesen Krippen. An seine Schulter gelehnt schläft die blinde Tochter und in einiger Entfernung ragt der versteinerte Ritter Däumling empor.
Den Kampf zwischen den Naturgewalten können die Menschen noch heute verfolgen.
