© Goiserer Schuhe (Foto: RudiKainPhotografie)
Goiserer Schuhe sind über die Grenzen Österreichs bekannt bei jung und alt (Foto: RudiKainPhotografie)

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Grün müssen sie sein - die gemodelten Stutzen

„Wo san den meine G’medelten?“ oder „Wiaso ziag’st heit nit die G’medelte an?“ sind für den Leser vielleicht rätselhafte Fragen, der Einheimische – und der muss beileibe kein ausgesprochener Trachtenfreund sein – weiß deren Bedeutung sofort zu entschlüsseln. „G’meldelt“ steht für „gemodelt“ und das wiederum heißt „gemustert“. „Meine“ meint die Mehrzahl, also kann nur ein Paar Stutzen gemeint sein, „die“ steht in der Einzahl, die „Joppe“ oder „Jacke“ sollte er heute also anziehen.

Die gemusterten Stutzen und Jacken

Damit ist auch schon umrissen, was so liebend gern in unserer Gegend gestrickt und mit Stolz getragen wird: Mit kunstvollen Mustern gestrickte Stutzen und Jacken mit und ohne Ärmel. Woher diese Strickkunst kommt, muss wohl im dunklen bleiben, denn ein Umstand muss auch jene verblüffen, die glauben, die vielfältigen Muster seien bei uns aus dem Boden gewachsen: An der Westküste Irlands, also nicht gerade in der Nachbarschaft des Salzkammergutes kommen auf Pullover die exakt gleichen Muster vor, wie auf unseren Jacken. Dort hatten die verschiedenen Fischerfamilien ihre typischen Muster, weil das die Identifizierung bei an den Strand gespülten, ertrunkenen Fischern ermöglichte.

Und wer weiß, vielleicht haben irische Mönche, die bis ins erste Jahrtausend auch in unsere Gegend kamen (siehe Klostergründung von Mondsee) und das Christentum festigten, ihre Spuren in Form von Strickmustern hinterlassen?

Bei einer Suche in der weltweit bekanntesten Suchmaschine werden keine Ergebnisse bei „gemedelte Stutzen“ ausgegeben – kommt wohl daher, dass dies wieder einmal im eigenen Dialekt in der Region anders ausgesprochen wird. Alternativ wird einem gemodelte Stutzen vorgeschlagen und schon wird man fündig!

 

Jedes Paar Stutzen hat ein anderes Muster

Aber zurück ins Gebirge. Angeblich gibt es keine zwei Paar Stutzen, die sich ähnlich sind, soviele verschiedene Muster sind „strickbar“ und der Ehrgeiz der Strickerinnen geht auch dahin, jedes Paar anders zu gestalten. Die Technik des Modelstrickens erfordert viel Erfahrung, besondere Fertigkeit, Ausdauer und höchste Konzentration - nur dann gelingen die wunderschönen Muster. Ihrem Autor wird Stricken für immer ein unergründliches Rätsel bleiben, daher zitiert der Sätze aus berufenem Munde. Die „glatte Masche“ hat den Model (=das Muster) zu bilden. Sie wird nicht normal glatt gestrickt, sondern immer „verschränkt“ (=englisch); dadurch erhebt sie sich aus dem Grund heraus. Den Grund bilden verkehrte Maschen. Die folglich sind es die verschränkt glatt gestrickten Maschen, die zur Musterbildung nach rechts oder links überhoben (=gekreuzt) werden müssen. Kennst di aus?

Bürger oder Adel erkennt man an den gmodelten Stutzen

Ursprünglich wurden auch nicht alle Muster gleichermaßen in allen Gesellschaftskreisen verwendet. So gab es solche, die aus der sogenannten „bürgerlichen und adeligen Hochkultur“ stammen und solche, die die Bauernwadeln zierten. Heute haben sich die Muster vermischt, dazu beigetragen haben auch Strickanleitungen, wie sie in lokalen Strickgeschäften erhältlich sind.

 

Die Farbe, die Muster, die Wolle der Stutzen und Jacken

Die vorherrschende Farbe der Stutzen im Inneren Salzkammergut ist grün, daneben ist auch grau zu sehen. Die blauen Stutzen sieht man in der Vöcklabrucker-Gegend. Die Joppen sind vielfärbiger, auch naturweiß oder braun. Die Namen der diversen Modeln sind oft unserer Gegend entnommen. Da gibt es Almwege, die Tulipan (Tulpe), Fischgräten und kleine Fensterl, jede Menge Zöpfe und Ketterl, die vergessene oder brennende „Liab“. Das alles fließt über die geschickt bewegten Stricknadeln aus der Wolle, jenem universellen Grundmaterial, das auf dem Rücken unserer Schafe wächst.

Früher mehr als heute wurden die Schafe geschoren, die Wolle gewaschen, zum Trocknen ausgelegt, gehechelt und schließlich gesponnen. Anlässlich einer „Rocka Roas“, eines gemütlichen Spinn- und Trüfelabends,“ widmeten sich die Frauen dieser Arbeit. Zur Freude der Strickerinnen, Träger und „Anschauer“ ist die Tradition der „g’medelten“ Stutzen oder Joppen im Salzkammergut höchst lebendig. Nur die Schafe scheinen einen wenig verblüfft, wenn ihnen im kühlen Herbst die Wolle über die Ohren gezogen wird.

 

Jetzt bleiben eigentlich nur noch zwei Fragen offen - wo sind sie erhältlich diese besonderen, individuellen Stutzen? Am Besten einfach im HAND.WERK.HAUS in Bad Goisern vorbeischauen - dort wird man fündig! Und was passt gut zu den Stutzen? Natürlich die Lederhose!